26-02-2018

Zwei Ausstellungen für zwei symbolträchtige Gebäude in der Architektur Galerie Berlin

Tabanlioglu Architects, Wiewiorra Hopp Schwark,

Reha Guner, Allard van der Hoek, Mustafa Hazneci,

Istanbul, Türkei, Berlin, Deutschland,

Theatres, Messen, Buros,

In der Architektur Galerie Berlin finden zwei Ausstellungen nacheinander statt, die zwei Gebäuden gewidmet sind: ein deutsches und ein türkisches, die jeweils eine besondere Beziehung zu ihrer Fassade haben.



Zwei Ausstellungen für zwei symbolträchtige Gebäude in der Architektur Galerie Berlin

Die in der Architektur Galerie Berlin laufende Ausstellung Wiewiorra Hopp Schwark Location and Illusion - Ort und Illusion präsentiert sich dem Publikum auf eine unkonventionelle Weise, dem typischen Charakterzug dieser deutschen Galerie getreu, die 1999 von Architekt Ulrich Mueller gegründet wurde und seit 2006 ihren Sitz in einem historischen Gebäude in Berlin in der Karl-Marx-Allee hat. Die Architekten, die Hauptdarsteller der Ausstellungen sind, werden gebeten, ihre Architektur in einem Ad-hoc-Projekt vorzustellen, das inhaltlich und ästhetisch ihre Architektur für das Publikum in einem experimentellen Bühnenbild veranschaulicht.

Wiewiorra Hopp Schwark Location and Illusion - Ort und Illusion
Die sich dem Ende neigende Ausstellung thematisiert ein jüngstes Projekt des Architektenbüros Carsten Wiewiorra, Anna Hopp und Guido Schwark. Das kurz vor der Fertigstellung stehende Gebäude ist ein Ergänzungsneubau für das Finanzamt Oranienburg in Deutschland. Ein "einfaches" Projekt, das aber durch die "geschichtliche Vorbelastung " eine besondere Herausforderung für die Architekten ist. Im Stadtviertel Sachsenhausen in Oranienburg stand das gleichnamige Konzentrationslager, eines der größten Deutschlands. Der heutige Sitz des Finanzamts war ehemaliger Verwaltungssitz des Konzentrationslagers. Die Nähe zu einem historisch stark vorbelasteten “kontaminierten” Gebäude wurde von den Architekten als Inspirationsquelle genutzt, um eine"Illusion" zu schaffen. Das neue Gebäude hat keinen Bezug zu dem Vorbestehenden, ist mit dem alten Gebäude auf keinerlei Weise verbunden, sondern erscheint als ein abstraktes Objekt: wie eine an diesem Ort platzierte Skulptur, die dem Kontext fremd ist.
Selbstverständlich ist es die Gestaltung der Fassade, die diese Art der Deutung ermöglicht. Die Fassade besteht aus drei horizontalen Fassadenbändern, die durch verschobene Öffnungen unterbrochen werden. Volle und leere Volumen wechseln sich ab, das Weiß der Mauern und das Schwarz der reflektierenden Gläser führt zu einer optischen Täuschung, die als “The Wall Cafè Illusion”bekannt ist und von Richard Gregoryentdeckt wurde. Die drei in Wirklichkeit parallelen Fassadenbänder erscheinen für den Beobachter als divergent und verleihen dem Gebäude die Faszination eines Kunstobjekts.
Für die Installation der Ausstellung haben die Architekten die Gestaltung der Gebäudefassade zur Verkleidung einer Wand des Ausstellungsraums nachgebaut. Die Installation nimmt das Größenverhältnis der Fassade wieder auf und schafft so diese besondere optische Täuschung.

Nach der Ausstellung, die dem Studio Wiewiorra Hopp Schwarz gewidmet ist, wird die Architektur Galerie Berlin ab 16. März 2018 Standort der Ausstellung Tabanlioglu Architects - Recomposing AKM, die dem Atatürk Cultural Center (AKM), dem symbolträchtigen Kulturgebäude am Taksim-Platz im Zentrum Istanbuls, gewidmet ist. Das AKM wurde 1966 gebaut und 1977 saniert und ist das erste Beispiel für moderne Architektur in der Türkei und eines der wichtigsten Kulturzentren des Landes. Trotzdem wurde es jahrelang vollkommen vernachlässigt, bis es jüngst von dem Architektenstudio Tabanlioglu Architects renoviert wurde. Das Studio hat eine lange familiäre Tradition zu dem Gebäude selbst, da sein Gründer Dr. Hayati Tabanlioglu das ursprüngliche Gebäudeprojekt unterschrieb.
Die Ausstellung veranschaulicht anhand der Geschichte dieses Gebäudes und seiner Veränderungen die moderne -und zu entdeckende- Geschichte der Türkei. Zahlreiche Zeugnisse aus den Archiven des Architekten Murat Tabanlioglu, zusammen mit Melkan Gursel der derzeitige Direktor von Tabanlioglu Architects, wie z.B. Zeichnungen, Baupläne, Modelle und Fotografien helfen zu verstehen, wie Geschichte, Funktion und Architektur miteinander verknüpft sind. Das AKM wird aus mehreren Gründen zu einer interessanten Fallstudie: die Beziehung zu dem städtischen Gefüge und die Herausforderungen, die die Umsetzung eines komplexen Projekts wie das für ein modernes Operntheater mit sich führt, oder in Beziehung zu der deutschen Situation. Die Erhaltung der Originalstruktur und seiner symbolträchtigen Fassade dient im Einzelnen dazu, dem Publikum das Thema der Erhaltung von modernen Bauten, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebaut wurden, nahezulegen: Gebäude, die in den meisten Fällen, wie in Deutschland, abgerissen wurden.

(Agnese Bifulco)

Ausstellung: Wiewiorra Hopp Schwark Location and Illusion - Ort und Illusion
Fotografien: Allard van der Hoek

Ausstellung: Tabanlioglu Architects Recomposing AKM
Fotografien: Reha Guner, Mustafa Hazneci

Ort: Architektur Galerie Berlin, Karl-Marx-Allee 96 – Berlin, Deutschland
http://architekturgalerieberlin.de


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