18-01-2012

Libeskind: Militärhistorisches Museum Dresden

Daniel Libeskind,

© Bitter Bredt,

Dresden, Deutschland,

Museen, Freie Zeit, Kulturzentrum,

gleichzeitig,

Glas, Zement,

Das renovierte militärhistorische Museum von Dresden ist heute das größte militärhistorische Museum Deutschlands. Mit einer Ausstellungsfläche von rund 20.000 Quadratmetern handelt es sich um das neueste dekonstruktivistische Bauwerk von Daniel Libeskind. Eine Synthese aus Skulptur und Architektur, ein großer Keil, der in die Geschichte einschlägt: Ein Baukörper ohne Ausrichtung, der ein Gebäude durchlöchert und somit sich kreuzende Wege schafft.



Libeskind: Militärhistorisches Museum Dresden
Daniel Libeskind hat 2011 die Erweiterung des militärhistorischen Museums von Dresden vollendet, die mit dem Sieg der Ausschreibung aus dem Jahr 2001 begonnen hatte. Ein Werk, ein Beispiel der Poetik des Dekonstruktivismus des US-amerikanischen Architekten polnischer Herkunft, wo die Sprache der Gegenwart sich metaphorisch und konkret in das historische Bauwerk einfügt.
Gemma Belli, in “Architettura: una storia a ritroso” (Architektur: Geschichte rückwärts) von Gabriella D’Amato (Verlag Bruno Mondadori) beschreibt das Vitra-Feuerwehrhaus von Zaha Hadid wie eine «“eingefrorene Bewegung” die eine Spannung des Alarmzustands ausdrückt, bereit, jederzeit in Aktion auszubrechen». Die Arbeit von Libeskind am militärhistorischen Museum von Dresden scheint hingegen diesen Moment überwunden zu haben und gibt den Eindruck, mir sei die Weiterverwendung der Symbolik gestattet, den Moment nach dem Ausbruch zu verbildlichen, wenn der Bruch gerade stattgefunden hat, wenn die Regeln aufgehoben wurden und man die ganze Kraft der Aufruhr verspürt. Wenn diese Überlegung für anderer seiner berühmten Projekte gilt, die das Jüdische Museum in Berlin, wo das Nachgeben der Oberflächen die Ursache der” Wunden” auf den Fassaden ist oder das Crystals at CityCenter von Las Vegas, das die Implosion des Gebäudes selbst und den daraus resultierenden Bauschutt zu simulieren scheint, so rechnet Libeskind beim Museum in Dresden mit der Geschichte ab, die von dem Arsenal im neoklassischen Stil aus dem Jahr 1876 dargestellt wird. Dieses ist zum Kriegs- und Heeresmuseum erst unter den Sachsen, dann unter den Nazis, im weiteren Verlauf der russischen Besatzungsmacht und anschließend der DDR geworden. Er “durchschneidet” dieses ohne Umschweife mit einem fünfgeschossigen Baukörper aus Stahl und Glas, der sich nicht nur in den Vorbestand einfügt und diesen verletzt, sondern von Seite zu Seite durchdringt: Der pfeilförmige Grundriss lässt keinen Platz für Interpretationen und markiert die Hauptfassade des Museums mit seiner vorstehenden Spitze.
Man könnte seitenweise über eine solche kommunikative Macht diskutieren: Das Symbol der Gegenwart, das in die Geschichte eindringt, um diese anzuhalten, zu negieren oder zu kritisieren, mit einer doppelten Bezugnahme auf die Architekturgeschichte (des Dekonstruktivismus, der das Diktat der Moderne zertrümmert) und auf die Politik und die Geschichte der Menschheit (des Menschen, der nach zurück blickt und entschließt, die Reliquien einer schweren und unhandlichen Vergangenheit in ein Museum zu bringen, darzustellen, um diese dann zu überwinden).
Das Resultat ist eine Skulptur, die sich in die Architektur einfügt, ein Block mit strengem und kompaktem Aussehen (auch in der Transparenz, die bei der Beleuchtung von Innen sichtbar wird), ohne Orientierung trotz der Richtung des Pfeils, dessen blinde Dynamik im Kontrast die Unbeweglichkeit des Bauwerks aus dem 19. Jahrhundert betont, als erstauntem und unfähigem Wahrzeichen der Vergangenheit.
Im Bauch dieser keilförmigen Skulptur entwickeln sich die Themenparcours in einem synkopierten Verlauf, wo die schrägen und unverputzten Zementoberflächen gebogene Decken und senkrechte Wände durchtrennen und das Schauspiel des Konflikts inszenieren.

Mara Corradi


Entwurf: Architekt Daniel Libeskind AG
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland
Ort: Dresden (Deutschland)
Ausstellungsgestaltung: Barbara Holzer - in Zusammenarbeit mit Holzer Kobler Architekturen und HG Merz Architekten
Tragwerksplanung: GSE Ingenieur-Gesellschaft mbh
Beleuchtungstechnik: Delux AG
Landschaftsgestaltung: Volker von Gagern
Technische Leitung: Reese Lubic Wöhrlin Gesellschaft von Architekten mbH
Ausstellungsfläche: 20000 Quadratmeter
Wettbewerb: 2001
Ende der Bauarbeiten: 2011
Tragwerk aus Stahl und Zement
Fassaden: Josef Gartner GmbH
Fotos: © Bitter Bredt

daniel-libeskind.com


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