Edition Office: Apartmenthaus in Fitzroy, Melbourne

Eine Immobilieninvestition des Unternehmens Milieu bietet Edition Office die Gelegenheit, das Erbe des Arbeitervororts Fitzroy nördlich von Melbourne, Australien, in ein mehrstöckiges Wohngebäude zu verwandeln.
Fitzroy wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet und war umgeben von den frühen Industrieanlagen. Fitzroy war der erste Vorort von Melbourne und hier befanden sich während des gesamten Jahrhunderts und darüber hinaus Wohnungen der Arbeiterklasse. Diese Berufung behielt der Ort bis nach dem Ersten Weltkrieg bei, als er von Einwanderern verschiedenster Herkunft, aus Asien, Afrika und Südamerika, bevölkert wurde. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fand hier, wie in vielen anderen Vierteln dieser Art, eine Gentrifizierung statt, bei der Fabriken und Lagerhäuser in hochpreisige Wohnhäuser umgewandelt wurden, wodurch sich die Zusammensetzung der Bevölkerung veränderte.
Heute sind die typischen zwei- oder dreistöckigen Reihenhäuser als Beispiele der viktorianischen Architektur erhalten und hier finden sich nicht nur Wohnungen, sondern auch Kunstgalerien, Kunst- und Musikwerkstätten für die große Gemeinde, die zugezogen ist, was das Viertel in den Mittelpunkt des städtischen und touristischen Interesses gerückt hat. Im Laufe der Zeit hat sich die historische Architektur mit neuen Geschäften, Werkstätten und Büros vermischt, ohne eine klare Identität zu haben, so dass der Eklektizismus die Oberhand gewonnen hat.
Der von Edition Office neu gestaltete Standort befindet sich in der 231 Napier Street, einer ruhigen Seitenstraße der belebteren Brunswick Street, der Achse, die Fitzroy von Norden nach Süden durchschneidet. An dieser Stelle steht jetzt ein Gebäude mit elf Wohnungen, dessen Hauptfassade in einen Gebäudevorhang eingebettet ist, aus dem es herausragt. Diese Gebäudevorhang besteht aber in Wirklichkeit aus Volumen unterschiedlichster Höhe, von einstöckigen Geschäften über ein- und zweistöckige viktorianische Häuser bis hin zu mehrstöckigen Wohn- und Bürogebäuden.
Es wurde beschlossen, auf sechs Etagen zu bauen, mit zwei Duplex-Wohnungen, bestehend aus Erdgeschoss und Untergeschoss. Die übrigen Wohnungen sind zu den beiden Hauptaußenfronten, der Napier Street und einer rückwärtigen Gasse, in östlicher und westlicher Richtung ausgerichtet, so dass die Wohnräume reichlich natürliches Licht erhalten. Um die Räume zu unterteilen und gleichzeitig die innersten Räume zu beleuchten, wurde ein zentrales Treppenhaus mit transparenten Wänden entworfen, das fast ein Außenraum im Inneren ist und dank der Tatsache, dass die beiden benachbarten Gebäude niedriger sind, auf allen Ebenen Licht von Nord nach Süd erhält.
Wenn man das Gebäude von der Straße aus betrachtet, dann ist seine Form aus sich überlappenden Sichtbetonschalen auffällig. Dank der perfekten Harmonie der verbundenen Linien bietet sie ein einheitliches Bild, verhindert aber gleichzeitig, dass die Fassade als ein einzelner Block wahrgenommen wird, der seine Umgebung überragt. Der Charakter der einzelnen Wohnungen wird durch die Einschnitte im Beton an den Seitenfassaden und die abgerundete Form der Balkone, die voneinander abgesetzt sind, deutlich. Die Gestaltung dieser großen Überhänge und die damit verbundenen raumhohen Fenster entleeren die Fassade noch mehr von ihrer monolithischen Wirkung und bieten ein zerstückeltes Bild, das sich jedoch in ein durch gemeinsame Merkmale harmonisiertes Ganzes einfügt.
Diese vertrauten Zeichen sind diejenigen, die Edition Office als typisch für das Viertel ausfindig gemacht hat, weil sie zu den Gebäuden gehören, die historisch in Fitzroy vorhanden sind. Dazu gehören die strukturierten Linien der Geländer, die an die Zäune von Reihenhäusern aus dem letzten Jahrhundert erinnern, und die Rahmen mit abgerundeten Fronten, die hier allerdings der dekorativen Reliefelemente der viktorianischen Häuser beraubt wurden. Das Metall der Balustraden ist auf ein minimales Zeichen reduziert, dass die Betonschalen umarmt, und die bündig abschließenden Fugen erinnern an die Qualitäten des einstigen Industrieviertels. Die zurückgesetzte Penthouse-Etage verweist akkurat an die Form der Dächer der Villen aus dem 19. Jahrhundert.

Von großer Bedeutung ist das Foyer des Gebäudes, das keine große Halle ist, wie man es heute vielleicht erwarten würde. Stattdessen betritt man jenseits des verglasten Portals einen geschlossenen Korridor, der über einen kleinen halbrunden Innenhof, von einem stimmungsvollen Oberlicht durchflutet, zum Verteilersystem führt. Ein Gitter aus perforiertem Metall und Glas umschließt das Treppenhaus und schafft einen Raum mit gedämpfter und ständig wechselnder Beleuchtung, eine Schnittstelle zwischen dem öffentlichen Außenbereich und dem privaten Innenbereich. Wie bei der Fassade wurden auch in den Wohnräumen weiche Linien und helle Farben verwendet. Die maßgefertigten Möbel wurden mit abgerundeten Kanten entworfen, die, anstatt die Oberfläche zu zerstückeln, alsVerbindung zwischen einem Raum und einem anderen dienen und dazu einladen, sie in ihrer ganzen Breite zu erleben. Die Verwendung von Glasschiebefenstern und die Reduzierung der Innenwände auf ein Minimum hatten das Ziel, Barrieren für Licht und natürliche Luftzirkulation zu beseitigen, die Verbindung mit der Landschaft zu verstärken und dem täglichen Blick eine sehr weite Perspektive zu bieten. Der Boden aus hellem Holz bestimmt die Farbregeln eines neuen Konzepts von Luxus.

Mara Corradi

Architects: Edition Office
Location: Fitzroy, Victoria
Client: Milieu Property
Budget: $8.5 million
Area: 2500 sqm
Completion: 2021
Project team: Kim Bridgland, Aaron Roberts, Jonathan Brener, Laura Tindall, Kate Finning
Consultant team:
Structural Engineer - Stantec
Services Engineer - Stantec
ESD Consultant - GIW
Landscape Architect: Etched Projects
Photos by: Rory Gardiner

IDEA Awards Shortlist 2021

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