10-11-2011

Claudio Nardi: Mocak in Krakau

Claudio Nardi,

Krakau, Polen,

Freie Zeit, Museen,

gleichzeitig,

Zement, Glas,

Sanierungs,

Die Industriearchitektur als ein Bindeglied zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart eines Ortes betrachtend, haben Claudio Nardi und Leonardo Maria Proli die alte Emaillewarenfabrik Schindler, also jenen Ort, an dem sich 1200 Juden vor der Ermordung durch die Nazis retten konnten, neu qualifiziert und diesen zu einem Museum für Gegenwartskunst (Mocak) umgestaltet.



Claudio Nardi: Mocak in Krakau

 
Polen erinnert an seinen Kampf gegen die Verfolgung durch die Nazis mit der Emaille-Fabrik von Oskar Schindler in Krakau, dem Wahrzeichen für den Willen und das persönliche Opfer angesichts des Werts des Lebens. Die Politik der Revitalisierung von Industrieanlagen anhand der Anpassung als Kulturräume verfolgend, die sich zu einem europaweit verbreiteten Interpretationsmodell entwickelt hat, wurden im Jahr 2005 vom polnischen Kulturministerium die Gelder bereitgestellt, um einen internationalen Wettbewerb zur Realisierung eines Museums für zeitgenössische Kunst in Krakau auszuloben, genau im Inneren der Schindler-Fabrik. Zwei Jahre später wurde das von Claudio Nardi und Leonardo Maria Proli vorgestellte Projekt zum Sieger gekürt und 2009 begannen die Neubau- und Sanierungsarbeiten der vorhandenen Bauten, die im November 2010 zur Eröffnung des Zentrums und im Mai 2011 zur offiziellen Einweihung geführt haben.


Heute kann Krakau diesen Ort wieder entdecken und neu erleben dank der sorgfältigen und respektvollen Zurückgewinnung des Projekts von Nardi-Proli, wo das Neue - verstanden als Geist und Funktionen - das Historische nicht unterwerfen will, sondern dieses lesbar macht, nutzbar werden lässt und interessant für aktuelle Zwecke und nicht mehr nur als Dokument der Industriearchäologie, als das es bisher erlebt wurde.
Das Hauptportal neben dem ursprünglichen Fabrikeingang, leicht diagonal bezogen auf die Ausrichtung der Körper der Anlage, lädt zum Betreten der Säle ein und zum Begehen eines Ausstellungsweges, der sich zwischen den Körpern der Fabrik und den neuen Verbindungsbereichen gliedert. Auch wenn es den aktuellen kommunikationstechnischen Bedürfnissen entspricht, die nach einem deutlichen und monumentalen Eingangsschild verlangen, verliert das Tor doch nicht die proportionale Beziehung mit dem, was es ankündigt und wird zu dessen Boten mit dem strengen Lettering, das aus der Trennwand aus Zementplatten empor ragt und mit den beiden unverputzt gelassenen Zementträgern mit der Originalfassaden verbunden ist.


Diese Strenge durchdringt auch die Ausstellungsräume, die aus der Umarmung der alten Fabrikkörper aus unverputztem Backstein mit einer neuen Hülle aus Glas und Stahl und einem mit Zink-Titan-Blech verkleideten Shed-Dach entstanden sind. Die Wahl der Shed-Dächer als gemeinsamer Nenner zwischen dem ursprünglichen Bau und dem der Gegenwart, zwischen industrieller und ausstellungsrelevanter Funktion, erinnert an den gleichen Eingriff von Giovanni Muzio bei der Triennale aus Mailand, genau in jenem Jahrzehnt, aus dem auch die Schindler-Fabrik stammt und in deren Entwurf man auch heute noch deutlich das Ziel lesen kann, die kulturelle Nutzung mit dem Stil der Industriearchitektur zu verknüpfen. Wie bei dem Projekt von Muzio nutzt und verteilt das Shed-Dach das Tageslicht den ganzen Tag auf indirekte Weise, die Innenwände sind nackt und essentiell, und das externe Umfeld, hier vertreten von den Gebäuden des Werks, dringt in das Innere der Ausstellungssäle ein und erinnert immer daran, wo man sich befindet.
Die monumentale Wand des neuen Gebäudes auf den Lipowa-Platz, die aus anthrazitgrauen fibreC-Platten besteht, die Reflexe des davor liegenden Wasserspiegels zusammen mit denen, die im Inneren entstehen, wo das indirekte Licht die durchsichtigen Brüstungen und Fassaden und sogar den transparenten Teil des Fußbodens durchquert, bieten eine Architektur, die schwer und beeindruckt der Vergangenheit gegenüber steht und die auf die Präsenz der Kunst wartet, um sich in der Perspektive einer besseren Zukunft neu interpretieren zu lassen.

Mara Corradi

Entwurf: Claudio Nardi mit Leonardo Maria Proli
Bauherr: Stadt Krakau
Ort: Krakau (Polen)
Tragwerksplanung: Czeslaw Hodurek
Bruttonutzfläche: 9000 mq
Wettbewerb: 2007
Planungsbeginn : 2007
Ende der Bauarbeiten: 2010
Bauunternehmen: WARBUD SA
Durchgehende verglaste Fassade: Aluprof ?
Scheiben: Rigips Saint-Gobain
?Fassungen des verglasten Bodens: Aluminium ?Shed-Dach aus Zink-Titan-Blech von VM Zinc
Zementstruktur
Außenverkleidung aus anthrazitgrauem Eternit
Fotos: © Marcin Gierat, Adam Golec, Rafal Sosin, Claudio Nardi architectsbr />


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