11-02-2022

MoDusArchitects: Icaro Hotel in Kastelruth, Bozen

MoDusArchitects,

Gustav Willeit,

Bozen, Italien,

Hotel,

Tradition, Kunst und Architektur vereinen sich in der Renovierung und Erweiterung des Hotels Icaro in Kastelruth am Fuße der Dolomiten. MoDusArchitects schreibt eine weitere Seite in der Geschichte der Südtiroler Architektur.



MoDusArchitects: Icaro Hotel in Kastelruth, Bozen

Die Fähigkeit von Sandy Attia und Matteo Scagnol (ModusArchitects), in die Südtiroler Architektur einzugreifen, ohne figurative Brüche zu schaffen, aber dennoch neue Kapitel zu schreiben, ist vielleicht das, was das Studio, dessen Identität mit Projekten für diese spezifische Region Italiens verbunden ist, am meisten auszeichnet. Das Hotel Icaro begann in den 1930er Jahren alsHütte für Wanderer und Skifahrer und erlangte im Laufe der Jahrzehnte eine gewisse Berühmtheit, da es seit drei Generationen bis heute von derselben Familie geführt wird. Das Hotel liegt auf 1900 Metern über dem Meeresspiegel auf dem Südtiroler Hochplateau der Seiser Alm, einem Teil des UNESCO-Welterbes Dolomiten, umgeben von Wanderwegen und Skipisten, mit Blick auf die zerklüfteten Gipfel von Langkofel und Schlern. Die Kiefernwälder, die verschiedenen Holzqualitäten und die Verbindung mit der Tradition schlagen Materialien und Oberflächen für die sanierte Architektur vor, während sich Form und Komposition aus der Lage in der Landschaft ergeben.
Das ursprüngliche Gebäude war ein einziger, in zwei Teile unterteilter Baukörper mit vier Stockwerken, der aus Beton mit Holzverkleidung und Loggien errichtet wurde. In das schräge Holzdach wurden zahlreiche Gauben eingebaut, wodurch eine traditionelle Alpenfassade entstand. Die heutigen Anforderungen des Gastgewerbes erforderten den Bau eines neuen Nordflügels für die Unterbringung des Personals und eines weiteren Flügels im Osten, um die Zahl der angebotenen Zimmer zu erhöhen. Die Organisation mit dem Untergeschoss für Wellness-Einrichtungen, der Rezeption und dem Restaurant im Erdgeschoss und den Obergeschossen für die Unterkünfte wird generell durch den Entwurf von ModusArchitects bestätigt, aber insbesondere bei der Innengestaltung und den Fassaden neu überdacht. Die Erweiterung des Ostflügels spiegelt das Hauptgebäude im Westen wider und schafft einen bogenförmigen Grundriss, der den Blick auf das Tal und die umliegenden Gipfel symbolisch einschließt. Das neue Dach und die Verkleidung aus Lärchenholzpaneelen vereinen historische und neuere Blöcke zu einem einheitlichen architektonischen Ganzen. Die unteren Stockwerke, die für den Empfang und die kollektiven Dienstleistungen reserviert sind, bestehen aus Sichtbeton mit großen Fenstern, die nach Norden in den Spa-Bereich zeigen. Die vorgebauten Obergeschosse zeigen bezogen auf die Trauflinie nach hinten versetzte Fassaden, um zwei Reihen von Laubengängen Platz zu machen. Nur an der 55 Meter langen Hauptfassade im Süden wird das Dach von einer Kolonnade aus 13 Stützpfeilern mit einer Höhe von 7,5 Metern getragen, die die beiden oberen Stockwerke mit einer dekorativen Lösung von besonderer Wirkung bereichern und heute an die Bautradition der Alpen erinnern. Brüstungen und Holzsäulen bilden einen neuen Rahmen, durch den man von den Räumen aus die Landschaft der Dolomiten betrachten kann.

Diese Sprache kommt der von Sandy Attia und Matteo Scagnol in einem anderen interessanten Projekt im Zentrum von Kastelruth sehr nahe, dem Atelierhaus des Künstlers Hubert Kostner, Ehemann der Hotelbesitzerin Angelica Sattler. Ein Sockel aus Zement und Glas, Obergeschosse aus Holz, Säulen aus Lärchensperrholz, ein Grundriss, der sich zur umgebenden Landschaft hin öffnet - fast scheint es, als würden die Architekten ein Lexikon für neue Architektur in Südtirol entwickeln. Das wiedererkennbare Äußere wird durch eine präzise Identität der Zimmer ergänzt, die eine ungewöhnliche Synthese zwischen dem rustikalen Image der Berghütte und dem eleganten Flair des Kurortes bilden. Für Kontinuität und Tradition ist Holz auch der Protagonist aller Innenräume, in den geflochtenen Eichendielen und in den Holzverkleidungen, die die “Stube”, das traditionelle Wohnzimmer der Alpenhäuser, das mit dem Ofen beheizt wird, wiedergeben, aber es sind die Assoziationen mit lebhaften Stoffen und Möbeln, die dem Material eine neue Interpretation geben. Die Sprache der Sitzmöbel, Sessel, Tische und Sofas für den Empfangs- und Barbereich ist besonders komfortabel und scheint von einem städtischen Interieur inspiriert zu sein. Eine Häuslichkeit, die auf das Wesentliche verzichtet und stattdessen auf Luxus, Pflege und Komfort setzt. Im Empfangsbereich haben die Architekten die Persönlichkeit der Besitzer hervorgehoben, indem sie Familienerbstücke, Kunsthandwerk, ausgestopfte Tiere und Felle an den Wänden ausstellten, wie in einem “Kuriositätenkabinett”, das an die alpenländische Folklore erinnert. Verstreut in den Gemeinschaftsräumen können die Gäste auch Werke von lokalen Künstlern wie Michael Sailstorfer, Philipp Messner, Roland Senonder und Hubert Kostner selbst bewundern.
Seit 2010 ist das Icaro das erste klimaneutrale Hotel in den Dolomiten. Die Energie wird aus Wasserkraftwerken gewonnen, geheizt wird mit Gas, die Waschmittel sind umweltfreundlich und die CO2-Emissionen werden durch zertifizierte Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Das Hotel ist mit dem EU-Umweltzeichen ausgezeichnet, der Zertifizierung für nachhaltiges und umweltbewusstes Management.

Mara Corradi

Architects: MoDusArchitects (Sandy Attia, Matteo Scagnol) www.modusarchitects.com
Team: Sandy Attia, Matteo Scagnol, Filippo Pesavento
Location: Piz 18/1, Alpe di Siusi, Castelrotto, Bolzano, Italy
Client: Angelika Sattler
Competition: 2018
Design phase: 2018-2021
Construction phase 1: 2020 (staff building, swimming pool, underground parking garage)
Construction phase 2: 2021 (east wing with 8 guest rooms, ground floor interiors renovation, new roof and facade)
Completion: August 2021
GFA
Hotel total (5.040 sqm); new addition total (underground level 1.360 sqm, upper levels 550 sqm)
Structural engineer: Ing. Ulrich Kauer (KS Engineering)
Mechanical engineer: Ing. Kurt Tröbinger (KTB Engineering)
Electrical engineer: Ing. Mirko Beikircher (KTB Engineering)
Safety engineer: Ing. Ulrich Kauer (KS Engineering)
Lighting consultant: Lichtstudio Eisenkeil
Cost and contract management: HGV - Unternehmensberatung
Hotel visual identity: Camuffolab, Venezia
Hotel communication strategy: Anna Quinz and Kunigunde Weissenegger franzLAB, Bolzano

General contractor: mahlknechtbau AB gmbh
Photographer: © Gustav Willeit
Photo stylist: Anna Quinz

CAPTIONS
01-24: © Gustav Willeit
25: Icaro lodge 2000s © courtesy of Icaro Hotel
26: MoDusArchitects Icaro Hotel facade model © Jürgen Eheim


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