AZL Architects baut eine symbolische Hülle um einen alten Porzellanbrennofen. Die Mission besteht darin, eine alte chinesische Technik zu bewahren, die durch die Industrialisierung bedroht ist, und einen Raum des Respekts und der Kontemplation zu schaffen, auf den die Bevölkerung stolz sein wird.
AZL Architects ist zurück, um über die Modernisierung des traditionellen Universums und den Dialog zwischen den Generationen in China zu sprechen, und zwar anhand der Wiederherstellung eines holzbefeuerten Porzellanofens im Dorf Qiancheng.
Der Bau der BingDing Wood Kiln Factory ist eine Privatinitiative, die aber auch von der lokalen Regierung unterstützt wird, die den Wert der traditionellen lokalen Keramikbrenntechnik verstanden hat und nicht verlieren will. Ausgangspunkt des Projekts ist ein alter Brennofen in der Nähe des Dorfes Qiancheng, “einer der ganz wenigen, die noch chinesisches Rotkiefernholz als Brennstoff verwenden und ein Symbol der Keramikindustrie seit fast 2000 Jahren”, so Zhang Lei, der das Projekt vorstellt. Jingdezhen ist ein Gebiet, das in China als Hauptstadt des Porzellans und des Keramikhandwerks bekannt ist.
In Qiancheng war Porzellan nie nur eine Notwendigkeit für das tägliche Leben, sondern auch ein wichtiges “ Medium für die Gefühle des Lebens”. Die Technik des Brennens in Holzöfen ist jedoch aufgrund der Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Holzverbrauchs und des Prozesses selbst äußerst schwierig zu handhaben. Das ist der Grund, warum er heute in Industrieanlagen fast vollständig durch die Verwendung von Brennstoffen wie Kohle und Erdgas verdrängt wird. Hinzu kommt, dass es, wie Zhang Lei weiter berichtet, keine schriftlichen Dokumente über das Bauprinzip der komplexen, doppelt geschwungenen Ziegelbögen gibt, aus denen der Ofen besteht. Das Wissen über Bautechniken wird seit Generationen mündlich weitergegeben.
Diese Fabriken können daher heute als eine Rarität betrachtet werden, der gelegentlich jemand sein Leben widmet, um sie wieder zum Blühen zu bringen. Dies ist der Fall von Yu Hezhu, einem älteren Einwohner, der noch immer mit einigen Lehrlingen in der Brennerei arbeitet. Er beschloss, das Atelier Zhang Lei mit dem Bau eines Gebäudes zu beauftragen, um die historische Anlage zu erhalten und zu schützen.
Als er das Projekt in Angriff nahm, dachte der Designer über den symbolischen Wert dieses Vorgangs nach, der sicherlich wichtiger ist als der praktische. Daher die Entscheidung, die Architektur in einen Schrein zu verwandeln, die BingDing Wood Kiln Factory zu einem Ort der Verehrung des keramischen Erbes zu machen, aber gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sie der Sitz eines lebendigen und vitalen Rituals sein kann, kein Archiv, ein Museum oder ein Ort mit Erinnerungswert.
Der Ansatz der städtischen und ländlichen Erneuerung wird von Zhang Lei in all seinen Interventionen unter den Begriff der “ruralation”, gefasst. Es geht um die Schaffung von Orten, die geeignet sind, Menschen willkommen zu heißen, Orte, an denen sich die zeitgenössische Gesellschaft treffen und austauschen kann, die aber von Zeit zu Zeit auch von Baumethoden, Ritualen und der Bewahrung von Lebensmodellen, die der Geschichte eines Ortes entsprechen, inspiriert werden.
Es sollte also ein Raum sein, in dem Menschen willkommen sind, die den Prozess des Keramikbrennens in all seinen Phasen sehen und kennenlernen möchten. Die Bedeutung und die Heiligkeit des Rituals werden durch eine Betonhülle unterstrichen, die als Schale um den Kern des ursprünglichen Ziegelofens gebaut wurde. Die Zementstruktur ist nicht aus dem Nichts entstanden, sondern ersetzt im Idealfall das ursprüngliche Holzbalkendach, wobei keine Giebelform, sondern ein Flachdach vorgeschlagen wird. Die “Schutzhülle” besteht aus einem geradlinigen und hoch aufragenden Hauptkörper, an den sich zwei untere Säulengänge anschließen, die Licht, Luft und Perspektive in den Hauptkern bringen, in dem sich der antike Ofen befindet. Die Ähnlichkeit mit dem Grundriss der griechischen Tempel ist unmittelbar: die Umgebung des Ofens erinnert an die Zelle, in der sich die Statue des Gottes, das Zentrum der Heiligkeit, befand. Der Innenraum, der in drei Schiffe unterteilt zu sein scheint, das zentrale und die beiden seitlichen Dienstschiffe, erinnert dagegen an eine vorkonziliare Kirche. Die sehr akzentuierte Perspektive am Eingang wird durch die rhythmische Skalierung der Betonkreuzpfeilern bestimmt, die von imposanten Bögen abgeleitet sind, die die Krümmung des Ziegelofens widerspiegeln und viele Erker bilden. Jede hat die Funktion, die große hieratische Umgebung in überschaubarere Arbeitsbereiche zu unterteilen und uns daran zu erinnern, dass dieser Ziegelofen noch aktiv ist und funktioniert.
Der Grundriss ist gespiegelt entlang der Längsachse in Nord-Süd-Richtung, die auch durch das Oberlicht im Dach als Lichtkegel betont wird. Hier wird eine Öffnung für den alten Schornstein des Ofens geschnitten, der alles überragt und sich nach außen zeigt. Um das natürliche Licht abzuschwächen, das durch die Öffnungen in den Säulengängen eindringen würde, wurden Sonnenschutzlamellen aus Ziegeln eingesetzt, die die Strahlung abschwächen und eine Hell-Dunkel-Atmosphäre schaffen, die der Heiligkeit des Ortes sehr angemessen ist.
Im Inneren ist alles um den Ofen herum organisiert, als wäre er ein Altar. Im Erdgeschoss befindet sich die gesamte Produktionslinie der Fabrik. In den “Gängen”, werden terrassenförmige Räume geschaffen, in denen ergänzende Tätigkeiten wie das Emaillieren und Polieren von Porzellanstücken stattfinden oder die als Lager dienen. “Die Ziegelbrennerei ist ein zeremonieller Raum, in dem die Arbeiter ein Gefühl des Stolzes auf ihre Arbeit empfinden", so AZL Architects, die beeindruckende architektonische Elemente gebaut haben, um das Gefühl der Zugehörigkeit zu verstärken.
Zeitgleich mit der Fertigstellung des neuen Schutzbaus wurde der BingDing Wood Kiln für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, um die Besucher zu ermutigen, seine Räume zu erkunden und an den Prozessen teilzunehmen, um das Ritual zu genießen.
Mara Corradi
Architects: AZL Architects
Client: BingDing Wood Kiln
Location: Qiancheng, Jingdezhen, Jiangxi Province, China
Gross useable floor space: 1800 sqm
Lot size: 3300 sqm
Start of work: 2017
Completion of work: 2019
Photographs: Yao Li (01-12, 27), Dong Suhong (13-20), AZL architects (21-26)
