Draga & Aurel: Transparenz ist eine Haltung

Es ist schwierig, die Figuren von Draga & Aurel mit einem einzigen Begriff zu definieren. Es gibt noch kein Wort, das ihre Arbeit in verschiedenen Bereichen zusammenfasst, die jedoch immer miteinander verbunden sind und sich überschneiden: Design, Kunst, Handwerk, Erneuerung, aus denen Einrichtungsgegenstände, Lampen, Tische, Sessel, aber auch Gemälde oder Vintage Möbel entstehen, die mit einzigartiger Handwerkskunst neu gestaltet werden. Draga Obradovic, aus Serbien, und Aurel K. Basedow, aus Deutschland, beide seit vielen Jahren in Italien, wurden in Florenz an der Accademia di Belle Arti (Akademie der Bildenden Künste) ausgebildet. Sie haben schon immer leidenschaftlich gerne mit ihren Händen gearbeitet – Tischlerei, Textilien, Harze – sie begannen damit, gebrauchte Möbel zu finden und sie zu erneuern. Draga erzählt mir von ihrer vielseitigen Tätigkeit, während sie durch die großen Räume der Werkstatt und des Ateliers in Como geht, während die Mitarbeiter und Basedow selbst eifrig damit beschäftigt sind, Teile und Komponenten zu bewegen, zusammenzusetzen, zu glätten und zu polieren. Die großen Gemälde von Aurel lehnen an den Wänden, rundherum stehen fertige Tische, Harzplatten und noch zu montierende Strukturen. So fange ich den Geist ihrer Arbeit ein: den einer Renaissance-Werkstatt, in der Künstler Auftragsarbeiten schaffen, Techniken erfinden, sich die Hände schmutzig machen, entwerfen, formen, malen, bauen.

Es gibt ein Material, in dem sich die beiden Kreativen heute wiedererkennen und mit dem sie sich am meisten identifizieren: Harz. So sehr, dass ihre neueste Kollektion den Titel Transparency Matters trägt. Sie umfasst Tische, Lampen, Sitze, Konsolen, Trennwände, jedes Stück anders und alle handgefertigt im Atelier. Harz spielt eine strukturelle Rolle und wird in Formen gegossen, die Materialien wie reinen Zement, mit Meersalz behandelt, oder Bronze und Messing flankieren. In den Werken mischen sich Anregungen aus dem Minimalismus, dem Space Age, dem Brutalismus und dem optischen Design, in denen die Harze den malerischen, künstlerischen Touch, das besondere und einzigartige Pfund darstellen, dessen mineralische Farben, Fluidität und Transparenzen die Kraft besitzen, die äußere Realität zu reflektieren, aber auch einer inneren Welt der Reinheit, Abstraktion und Farbe Substanz zu verleihen. Die Ausdruckskraft des Materials zeigt sich beispielsweise in einem Stück wie dem Esstisch Golia, der auf der letzten Mailänder Designwoche von Rossana Orlandi vorgestellt wurde und dessen geometrisch geformte Teile aus Zement in Kunstharz übergehen: das eine Material rau, grau, korrodiert und undurchsichtig, das andere glatt, fließend, farbig und transparent.

Die Beziehung zwischen Draga & Aurel und Harz reicht mehrere Jahre zurück: “Wir haben es bereits 2006 für Vintage-Möbel verwendet. Der Einsatz war auf den Oberflächen, damals haben wir uns nur mit der Restaurierung beschäftigt, auch mit den Stoffen, die ich entworfen habe. Dann kam die Zusammenarbeit mit Möbelfirmen, die uns um Stücke baten, in denen Kunstharz die Hauptrolle spielt und die immer von uns hergestellt werden. Die Gusstechnik (casting) ermöglicht es uns, Farben und Formen zu steuern. Aurel verwendet Harz auch in seinen großen Gemälden, wo er es mit verschiedenen anderen Materialien schichtet und so einzigartige Effekte erzielt. Die Wiederherstellung von Möbeln, oder besser gesagt, ihre Wachküssen zu einem neuen Leben, wurde nie aufgegeben, im Gegenteil: sie ist ein besonderer Schwerpunkt der Tätigkeit von Draga & Aurel. Das Ergebnis ist die 2007 ins Leben gerufene Heritage-Kollektion, die über 1000 Originalstücke aus der ganzen Welt umfasst. Sideboards, Stühle, Sessel, Kommoden und Konsolen werden dekonstruiert und zerlegt, dann restauriert und mit neuen Materialien und Veredelungen, einschließlich Siebdruck und Stickerei, neu interpretiert. Aber auch hier bleibt Kunstharz der Protagonist.

Die beiden Kunst-Designer (oder Design-Künstler) sind gerade von ihrer Teilnahme an der Nomad Capri, der reisenden Messe für Sammlerdesign, zurück, zusammen mit Rossana Orlandi. Nina Yashar von Nilufar stellt ebenfalls ihre Stücke aus, nämlich die Capsule Collection The Candy Box: ein Tisch, ein Kronleuchter und ein Nachttisch, alle farbenfroh, die von der Welt der Süßigkeiten inspiriert sind. “Es ist ein Weg des kontinuierlichen Wachstums”, schließt Draga, “der über Einzelstücke oder limitierte Serien für Galerien, Unternehmen und schließlich für uns selbst führt. Transparenz ist zu unserer schöpferischen Haltung geworden”.

Antonella Galli

Photo captions and credits
Images courtesy of Draga & Aurel

01 Portrait of Draga & Aurel (Draga Obradovic, Aurel K. Basedow). Credits: Piero Gemelli
02, 07: Transparency Matters collection, at Galleria Rossana Orlandi, Milano Design Week 2022. Credits: Riccardo Gasperoni
03 Draga & Aurel, atelier. Credits: Fabrizio Cicconi
04 Golia Lunch, luncheon table, 2022. Transparency Matters collection. Credits: Federica Lissoni
05 Elliott vintage credenza, one-of-a-kind item, 2022. Heritage collection. Credits: Federica Lissoni
06 Joy Circle (lampada da muro), 2022. Transparency Matters collection. Credits: Federica Lissoni
08 Cala Coffee Table, resin and cement, Nomad Capri (2022), Transparency Matters collection. Credits Lorenzo Butti
09 Golia Coffee Table, resin and cement, Galleria Rossana Orlandi, Milano Design Week 2021. Transparency Matters collection. Credits: Riccardo Gasperoni
10 Reverso partition, Transparency Matters collection. Credits Riccardo Gasperoni
11 Bert vintage credenza, one-of-a-kind item, 2022. Heritage collection. Credits: Federica Lissoni
12 Cala Bench, 2021. Credits: Federica Lissoni
13 and 14 The Candy Box collection, Nilufar Depot, Milano Design Week 2022. Credits: Riccardo Gasperoni

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