Einer der legendären Meister des Stummfilms, Buster Keaton, parodiert auf ironische Weise die neumodischen Methoden von nachbaubaren Kataloghäusern, die fertig zugeschnitten und per Post verschickt werden können. Bausatz-Häuser, die in den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in Amerika aufkamen und nach und nach immer beliebter wurden. In den drei Filmen, die Keaton der neuen visionären Massenarchitektur widmet, gibt er Einblicke in diese bahnbrechenden Behausungen und macht den sequenziellen Bauprozess zu einer Quelle endloser, zunehmend katastrophaler Unfälle. In „One Week“, dem ersten Teil der Trilogie, erhält Buster, der sowohl Schauspieler als auch Regisseur ist, von seinem Onkel anlässlich seiner bevorstehenden Hochzeit ein „Do It Yourself“-Fertighaus geschenkt. Das Haus sollte eigentlich in „einer Woche“ gebaut werden, aber ein abgewiesener Bewerber tauscht aus Eifersucht heimlich die Nummern der Packkisten aus. Es folgt eine Reihe katastrophaler Ergebnisse in einem Crescendo einer ungeheuer lustigen Komödie: Türen anstelle von Fenstern, die sich ins Leere öffnen, außen angebrachte Sanitäranlagen und eine völlig unausgewogene Endkonfiguration. Bis zur letzten Einstellung, in der der Bräutigam mit seiner Partnerin weggeht, nachdem er das Schild „ZU VERKAUFEN" samt Bauanleitung auf einen Haufen gestapelter Überreste gelegt hat.
In diesen humorvoll und skurril dargestellten Montageabläufen ist eine ganz klare Anspielung auf ein Unternehmen zu erkennen, das zu jener Zeit eine große Anzahl von Standard-Kataloghäusern verkaufte. Sears, Roebuck and Company war damals mit seinem „Catalog Modern House“ eine wahre Autorität in der Branche und konnte seinen Kunden äusserst erschwingliche Anschaffungskosten anbieten, da es in der Lage war, die verwendeten Materialien in großen Mengen zu produzieren und die Bauzeit bei gleicher Qualität wie bei traditionellen Häusern fast zu halbieren. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich um echte Vorteile handelte, schuf Keaton paradoxe Umstände, indem er sich zum Interpreten neuer technologischer Trends machte, von denen er ahnte, dass sie höchstwahrscheinlich zu einem sich anbahnenden Wandel beitragen würden. Trends zu größerer Flexibilität, die eng mit dem künftigen Wohnungsbedarf zusammenhängen. Von manchen als „visionärer Architekt" und von ihm selbst als „gescheiterter Ingenieur" bezeichnet, zeigt er, dass er über die kanonischen Modelle hinausgegangen ist und eine neue Art von Design-Mobilität entwickelt hat. Tatsächlich schlägt er in seinen Filmen oft ein kinetisches Haus vor, ohne Fundamente, innen komplett elektrifiziert und im wahren Sinne des Wortes mobil. Das Fertighaus von Sears wurde daher nicht abgeurteilt, sondern als Ausgangspunkt für die Diskussion über das gerade begonnene fantastische Abenteuer gewählt, das in seiner Eigenschaft als Herausforderung an den reduktiven Begriff der Architektur überraschende Ergebnisse voraussagte.
Sears, Roebuck and Company con il suo ‘Catalog Modern House’.
Von Einfamilienhäusern, die zusammengebaut und transportiert werden können, bis hin zu den höchsten Fertigtürmen der Welt (den kürzlich entworfenen 56-stöckigen Zwillingslamellen, die 2026 in Singapur das Licht der Welt erblicken werden), können vorgefertigte Produkte vielleicht dazu beitragen, dass unser überbevölkerter und stark verschmutzter Planet zu einem geringeren Fußabdruck findet – einen Modus vivendi, der besser mit der Umwelt in Einklang steht und unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Nachhaltigkeit weniger belastend ist. In dem Maße, in dem wir die Grenzen des Zusammenlebens neu hinterfragen, den Klimawandel berücksichtigen, die Verschwendung von Ressourcen im Namen der Achtung einer Wirtschaft vermeiden, die das „Kollektive" mit größerer „Fairness" betrachtet, bewertet eine deutlich wachsende Zahl von Architekten die Modularität als einen neuen Horizont, der unter Berücksichtigung von Technologie und Natur das Streben nach einem besseren Leben zu erfüllen verspricht.
„Das Ziel ist es, die Wohnraumkrise dank erschwinglicher, lebenswerter und nachhaltiger Lösungen zu beenden", sagt Sinus Lynge, Partner bei EFFEKT, einer Gruppe von Architekten in Dänemark – einem Land, in dem sich viele Kollegen dieser Herausforderung mit überraschender Vielseitigkeit und großer Hingabe stellen. Es handelt sich um eine ganze neue Generation sehr junger, unternehmungslustiger und landschaftsbewusster Architekten, die sich nicht nur durch die Ästhetik ihrer Entwürfe einen Namen machen, sondern vor allem durch ihr aufrichtiges Streben nach einem gesunden und vielfältigen kollektiven Leben, das aus Beziehungen zwischen den Generationen besteht, so wie sie verstanden werden sollten.
Puutalo Oy, Finlandia. 'New Standards’, 17° Biennale di Architettura di Venezia. Foto dal Padiglione Finlandese/crediti Elka Archiv.
Die Zeiten haben sich zweifellos sehr geändert und erfordern aus den oben genannten Gründen eine völlige Neudefinition der Art und Weise, wie Gebäude konzipiert und gebaut werden. Doch dies sollte ein System nicht verteufeln, das im Laufe der Zivilisation zweifellos viele Vorteile geboten hat. Auf der diesjährigen 17. Architekturbiennale von Venedig war unter den verschiedenen Stimmen der Installationen auch deutlich jene zu vernehmen, die auf eine dringende Notwendigkeit von Räumlichkeiten für ein großzügiges Zusammenleben pochte. So, wie es in der Frage von Hashim Sarkis anklingt, war auch die Geschichte zu hören, die der finnische Pavillon mit seinen „Neuen Standards" erzählte. Der von drei Architekturhistorikern der Aalto-Universität, Laura Berger, Philip Tidwell und Kristo Vesikansa, kuratierte Vorschlag zielte darauf ab, Momente in der Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, in denen sich Architekten und Industrie zusammengetan haben, um eine dringende Krise zu überwinden, wie damals die Umsiedlung von Flüchtlingen aus Karelien. 1940, nach dem Moskauer Friedensvertrag, befand sich Finnland in der schwierigen Situation, über 400.000 Menschen aufnehmen zu müssen. Aus der Notwendigkeit heraus, dieser ernsten Notlage zu begegnen, entstand das Industrieunternehmen Puutalo Oy. Eine weitsichtige Initiative, die unter Ausnutzung einer der größten Ressourcen des Landes mit der Produktion von gut gebauten, preiswerten Häusern begann und in weniger als einem Jahrzehnt zu einem der weltweit führenden Hersteller von Holzfertighäusern wurde. Aufbauend auf diesem Kapitel, das zu Unrecht vernachlässigt worden zu sein scheint, will die Ausstellung diejenigen würdigen, die maßgeblich zu dem Ansehen beigetragen haben, das Finnland heute auf internationaler Ebene genießt. Dazu haben die drei Autoren einen dokumentarischen Weg gewählt, der sich aus Bildern verschiedener Fotografen zusammensetzt, die zeigen, wie sich das Produkt – bis heute ununterbrochen in mehr als 50 Länder exportiert – nicht nur als äußerst geeignet und widerstandsfähig gegenüber allen Arten von Klima- und Witterungsbedingungen erwiesen hat, sondern auch als leicht modifizierbar, um dem Wunsch nach Individualität zu entsprechen, den die meisten von uns in Bezug auf ihr Zuhause haben.
Puutalo Oy, Finlandia. 'New Standards’, 17° Biennale di Architettura di Venezia. Foto dal Padiglione Finlandese/crediti Elka Archive.
Die Anwendung dieser scheinbar neuen Technik weckte in der Zeit zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem Zweiten Weltkrieg den Erfindergeist verschiedener Persönlichkeiten, auch wenn sie sich auf architektonische Experimente beschränkten, die zwar wichtige Etappen darstellten, aber erst nach Kriegsende in größerem Umfang zur Anwendung kommen sollten. Erst dann drängte sich die Notwendigkeit des Wiederaufbaus massiv auf, da Tausende von obdachlosen Familien ein Dach über dem Kopf haben mussten. Neben den unmittelbaren Notsituationen gab es eine fruchtbare Experimentierphase, die von einer sorgfältigen Materialforschung geprägt war und in den 1960er und 1970er Jahren zur einschlägigen Verwendung von großen modularen Betonplatten führte.
Was das Fertighaus anbelangt, das die Bedürfnisse nach Individualität befriedigen kann, so haben in Amerika einige kalifornische Architekten, insbesondere in der Region Los Angeles, äußerst innovative Werke von hoher formaler Qualität geschaffen. Ein Jahr vor Kriegsende wurde in der kalifornischen Zeitschrift Arts and Architecture ein Manifest über das „Nachkriegshaus" veröffentlicht. Die Grundsätze waren vom Herausgeber selbst, John Entenza, und seinen Redaktionsassistenten Charles und Ray Eames entwickelt worden, mit Beiträgen von Eero Saarinen und Buckminster Fuller. Sie waren sich der großen Nachfrage nach neuem Wohnraum bewusst, der man sich zu stellen hatte. Ebenfalls erkannten sie, dass die militärischen Anstrengungen soziale, wirtschaftliche und technologische Veränderungen hervorgebracht hatten, die nicht ignoriert werden konnten, und dass Materialien und ihre Kombinationen richtungsweisend für das Wohnen in der Nachkriegszeit werden würden. Ein Einfamilienhaus, ganz für sich allein, war die Hoffnung und der gerechte Lohn für diejenigen, die nach so vielen Opfern zurückkehrten. Die Schlüsselstrategie dieser modernen Residenz lag in der intelligenten Anwendung neuer Produktionstechniken, neuer Materialien und neuer industrieller Fertigkeiten. Ihr Manifest zu diesem innovativen Fertigteilsystem wurde als ein „Aufruf zum Kampf für das Nachkriegsheim" beschrieben, als Chance zur Förderung einer notwendigen neuen Architektur und nicht nur als Mittel zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs, als eine Art „Notlösung".
Gerbert Rappaport Cherrytown, Cheryomushki. 'Flying Panels - How Concrete Panels Changed the World' Exhbit. Archivi FN.
In den verschiedenen Teilen Europas entsprachen die Fertighäuser den Umständen, die das allgemeine Bild der Zerstörung, des Verfalls und des Wohnungsmangels am Ende des Krieges erforderte. Doch rief ihre Verwendung auch ganz unterschiedliche Reaktionen und Nutzungen hervor, die von den ideologischen Postulaten des herrschenden politischen Willens geprägt wurden. In Italien hatten die verschiedenen Ausstellungen der Triennale di Milano seit den 1930er Jahren begonnen, sich mit dem Thema der Modularität zu befassen, und zwar mit einer Reihe von Initiativen, die darauf abzielten, Aspekte zu untersuchen, die eine Bereicherung in Richtung einer „Personalisierung" darstellen können, – verstanden im Sinne einer Sprache, die nicht nur auf rein funktionale Bequemlichkeit ausgerichtet ist. Es gab sozusagen eine Vorbereitungsphase auf die echte Industrialisierung mit Pionierversuchen, um die neue Methode auf experimenteller Basis zu erforschen und erfolgreich zu prototypisieren, mit dem Ziel der Bekräftigung einer künstlerische Urheberschaft. Die italienischen Architekten und Designer mussten versuchen, die begrenzte Verbreitung ihrer Produkte, die sich durch das Vorrecht einer ausgezeichneten Handwerkskunst auszeichneten, an die jüngste Expansion des Marktes anzupassen, der in Erwartung eines breiteren Publikums qualitativ hochwertige Produkte zu erschwinglichen Preisen forderte. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Welten der Kreativität und der Produktion wurde nach und nach immer wichtiger. Die 10. Triennale-Ausstellung 1954 widmete ihre besondere Aufmerksamkeit jenen vorgefertigten Bauelementen, die auch auf anderen Märkten, wie dem französischen und englischen, immer stärker perfektioniert und verfeinert wurden und hohen technischen Anforderungen genügten und dennoch auch Anreize zur freien Gestaltung boten. Mit der Mechanisierung der Baustellen ging die neue Technik endgültig in den allgemeinen Sprachgebrauch über.
Virginia Cucchi
Credits:
Fotos:
cover: 'Flying Panels - How Concrete Panels Changed the World' Exhbit. Archivi FN. Foto di Aleksandr Deyneka Building Peace 1960 sketch, Mural Mosaic First National Art Exhibition of Soviet Russia, Tretyakov Gallery
01-04: One Week, Buston Keaton's Film.
05-07: Sears, Roebuck and Company con il suo ‘Catalog Modern House’.
08-11: Puutalo Oy, Finlandia. 'New Standards’, 17° Biennale di Architettura di Venezia. Foto dal Padiglione Finlandese/credits Elka Archive.
12: Lisbona,1755, dipinto del violento terremoto e maremoto. Foto di Wiki/Public Domain
13-15: 'Flying Panels - How Concrete Panels Changed the World' Exhbit. Archivi FN. 14- Gerbert Rappaport Cherrytown, Cheryomushki, 1963, 15- Sune Sundahl Installation Large Concrete Panels in Residential Buildings