13-10-2022
Porta Rossa auf Kastellorizo: Wohnsitz für kreative Menschen im Geiste des Mittelmeers
Design, Annalisa Rosso, Antonella Galli,
Inseln, Wind, Einsamkeit. Meer, Sonne, Himmelblau. Das Mittelmeer ist ein innerer Zustand, aber auch eine Geschichte der Artefakte und des Handwerks, des Austauschs und der Erzählungen. Diese scheinen in der Porta Rossa zusammenzukommen, einem Wohnheim für Kreative, das Silvia Fiorucci kürzlich für ihre Società delle Api, eine gemeinnützige Organisation zur Förderung von Konfrontation und Begegnung, eröffnet hat.
Das Experiment begann 2018 in der Provence, in Grasse, wo die von Silvia Fiorucci gegründete Società delle Api mit dem Ziel, Ideen und kreative Verbindungen zu schaffen, eine Residenz eröffnete, deren Zimmer fünf verschiedenen Designstudios anvertraut wurden (5Rooms). In diesem Jahr hat die gemeinnützige Organisation das Experiment in einer Residenz im Herzen des Mittelmeers, auf der griechischen Insel Kastellorizo, wiederholt. Das Haus heißt Porta Rossa (Rote Tür, im Sinne des "nomen est omen") und hat vor einigen Wochen seine Türen geöffnet. Vier Ateliers, die von einer Jury ausgewählt wurden, haben die vier Räume (4Rooms) entworfen, in denen die Kreativen wohnen werden. Die Aufgabenstellung war eng: das Mittelmeer zu interpretieren und funktionale (sowie poetische) Räume zu schaffen. Das Projekt war erfolgreich und die Kuratorin, Annalisa Rosso, erzählte uns - Raum für Raum - davon.
In den Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoss arbeitete Superpoly, ein französisch-belgisches Duo, das bereits am Projekt der Residenz von Grasse beteiligt war. "Ihre Prägung ist stark mediterran, denn sie haben die materielle Kultur Südfrankreichs aufgesogen”, erklärt Annalisa, “sie haben die gleichen Stilelemente in Kastellorizo gefunden, nach einem gewissen Ready-made: die Reusen, die zu Kronleuchtern werden, die Wandschwämme, die zu Abat-Jours werden. Der Tisch ist ein Paddelbrett, das abgehängt werden kann, um ins Meer zu gehen. Für die Herstellung der Sofas wurde ein örtlicher Handwerker hinzugezogen, der Boote herstellt und die Architekten haben eine Methode zum Weben mit Angelschnüren erfunden.” Alles ist frisch, jung, mit dem Gefühl der fröhlichen Vorläufigkeit, die Häuser am Meer haben.
Es geht die Treppe hoch. Nun beginnen die eigentlichen Zimmer, in denen die Bewohner ein paar Tage oder sogar ein paar Monate verbringen werden. Das erste wurde dem Studio Brynjar & Veronika, anvertraut. Er ist Isländer, sie Deutsche. Ihre Poesie ist nah an suggestiven Elementen: Federn, Bergkristalle, mit einem Hauch von Ironie. Die Idee, Energie aus natürlichen Elementen zu schöpfen, passt gut zur Stärke der Felseninsel Kastellorizo. Im Schlafzimmer ist das Rot der Wände das des Inselfelsens, das Blau des Badezimmers ist das der Blauen Grotte, einer Attraktion von Kastellorizo. “Starke natürliche Assoziationen”, fährt Annalisa fort, “kombiniert mit der engen Zusammenarbeit mit einem Handwerker, der die hölzernen Elemente, wie den buchförmigen Stuhl, gemäß einer beschreibenden Poetik bearbeitet hat“.
Gegenüber befindet sich das Zimmer, das dem Zyprioten Phanos Kyriacou anvertraut wurde. Wesentlich, fast klösterlich. “Das Gefühl der Isolation ist Teil seiner Erfahrung”, bestätigt Annalisa Rosso, “und er brachte dies zurück nach Kastellorizo. Phanos ist Bildhauer, daher sind alle seine Elemente freistehend und funktionieren als Skulptur. Er arbeitete an den Grundelementen: Er bringt das Wesentliche auf den Punkt, indem er seine Erinnerungen heraufbeschwört." Die Tagesdecke wurde mit einer traditionellen zypriotischen Technik hergestellt, bei der Stoffstücke zusammengefügt werden. “Darüber steht ein Kinderlied, das er ‘Serenade’ für die Porta Rossa” nannte, so erläutert die Kuratorin abschließend.
Geht man noch ein Stockwerk höher, gelangt man in den von Julie Richoz, einer schweizerisch-französischen Designerin, die schon immer mit Textilien gearbeitet hat, gestalteten Raum. “Sie ist von der traditionellen Frauenkleidung inspiriert”, erklärt Rosso, “in den Texturen des in Marokko gefertigten Teppichs, in der Bemalung der Decke, in der vorgefertigten Lampe, bei der ein kleines Tuch einfach auf eine Flasche gelegt wird. Das Konzept ihrer Intervention geht auf einen hierzulande weit verbreiteten Plastikstuhl zurück, den Julie mit Stoffen bezogen hat”
Zum Schluss kommt das Feuerwerk: der von UND.studio, einem Kollektiv von acht Kreativen aus Berlin, gestaltete Raum. Fantasievoll, surreal, spaßig. “Jeder hat seinen Beitrag geleistet”, erklärt die Kuratorin, “eine Sammlung von Eindrücken von der Insel, aus der die Idee der schwimmenden Plattform mit dem Hängebett entstanden ist. Der Raum ist wie eine multifunktionale Mondlandefähre, in der man schläft, arbeitet und Utensilien aufbewahrt. Das ist das visionäre Fazit von 4Rooms.” Im Frühjahr werden die ersten Residenzen für Kreative beginnen: das gestalterische ‘Nest’ von Porta Rossa ist somit komplett.
Antonella Galli
Captions and credits
Porta Rossa in Kastellorizo, the residence of the Società delle Api.
4Rooms design project for the four rooms, each entrusted to the winners of an invitation-only competition. The committee was composed of Michael Anastassiades (Designer), Alexis Georgacopoulos (Design Expert, Director of ECAL), Silvia Fiorucci (President and Founder of Società delle Api, Collector), Cristiano Raimondi (Vice President of Società delle Api, Curator) and Annalisa Rosso (Creator and Design Curator).
Credits De Pasquale + Maffini
All images: Courtesy of Società delle Api
01, 03, 04, 15 Common areas on ground floor, designed by Superpoly (France)
02 Silvia Fiorucci, President and Founder of Società delle Api, at Porta Rossa
05 and 10 The room designed by Studio Brynjar & Veronika
06, 16 The room designed by Phanos Kyriacou
07, 09, 14 The room designed by Julie Richoz
08, 11-13 The room designed by UND.studio
