10-05-2017
Alberto Campo Baeza und seine Domus Aurea in Monterrey

Wenn man die Entwurfsskizzen und deren Entwicklung im Muster des Grundrisses betrachtet, so erkennt man eine Reihe von Symmetrien und typischen proportionalen Verhältnissen des griechischen Amphiprostylos, einer besonderen Tempelform. Der Grundriss ist nicht rechteckig sondern quadratisch und trotzdem sind die wichtigsten Elemente unverändert. Das Haus wird von einer stockwerkhohen Umfriedungsmauer umgeben, die als Unterbau des Tempels dient. Wie beim Amphiprostylos erheben sich auf den beiden Hauptfronten die Laubengänge, die auf dem Plan zwei Säulenreihen bilden. In der Mitte der Raum des Pronaos (Vorhalle) gefolgt vom Naos (eigentlicher Kultraum des Tempels), in dem sich – bei den ursprünglichen Tempeln – die Statue der Gottheit befand, dem das Bauwerk gewidmet war. Auch im Projekt von Campo Baeza nimmt dieser Raum eine zentrale und symbolträchtige Rolle ein.
Hier schafft der Architekt den Schnittpunkt zweier doppelt raumhoher Umgebungen, eine im Erdgeschoss, die andere im ersten Stock, die zusammen einen Raum mit diagonalem Licht bilden. Ein großes und hohes Fenster lässt die Sonnenstrahlen einfallen, die auf die goldene Wand treffen und sich dann unten in der Mitte des Living Room reflektieren. Diese Umlenkung des Lichts, das einen diagonalen Raum erhellt und so in ein “göttlich-weltliches&rdquo Ambiente verwandelt, lässt uns den Sprung von der griechischen Architekturtradition zu Luis Barragàn machen.
Das goldene und greifbare Licht der Domus Aurea sucht das goldene Licht des Konvents der Kapuzinerschwestern von Tlalpan (1954-1959), das durch die gelb bemalten Gitter und die Fenster der Kapelle einfällt. Ein Licht, das von der mittelalterlichen Architektur und von der Gotik erfunden wurde und zweifelsohne eine spirituelle Bedeutung hat. Das religiöse Licht von Luis Barragàn wird in dem weltlichen Ambiente eines Privathauses zum philosophischen und architektonischen Licht von Alberto Campo Baeza.
Wenn man seine eigenen Worte benutzt, dann könnte man sagen, dass die Architektur auf einen räumlichen Kasten zurückzuführen ist, den er gekonnt, aber auch ganz einfach nur mit Öffnungen versehen hat:
“Und so, wenn der Architekt die Sonne, das LICHT, angemessen einfängt, durchbohrt dieses den von Strukturen gebildeten Raum, die mehr oder weniger schwer sich am Boden festklammern müssen, um die primitive SCHWERKRAFT zu übertragen und bricht den Tauber und lässt jenen Raum schwimmen, schweben, sich erheben und fliegen. Hagia Sofia, der Pantheon und Ronchamp sind greifbare Beweise dieser außerordentlichen Realität”. Die Architektur von Campo Baeza zielt darauf, ihr geometrisches Gewicht zu zeigen und es dann mit dem Licht anzuheben.
Das Weiß aller Wände ist der ideale Hintergrund für den Weg des Lichts. Weiß bedeutet für Alberto Campo Baeza Absenz: Absenz von Chaos, Absenz von Unordnung, Absenz von Unnötigem, Absenz von Redundanz. Weiß ist auch eines der Erbgüter der modernen Bewegung.
Die lichtdurchflutete Architektur wird zum reinen Skelett, das von der Muskelkraft des Lichts erhoben wird.
Mara Corradi
Architects: Alberto Campo Baeza and Gilberto L. Rodríguez
Collaborators: María Pérez de Camino Díez, Pamela Díaz de León, Alejandro Cervilla García, Ignacio Aguirre López, David Alatorre, Viviana Ortíz, Mauricio Bárcenas, Katia Radilla, Guillermo Durán, Elena Jiménez Sánchez, Tommaso Campiotti, Imanol Iparraguirre Barbero
Location: Monterrey (Mexico)
Client: Sorteos TEC – Instituto Tecnológico de Monterrey
Constructor: Sorteo TEC
Project: 2014
Realization: 2016
Photos: © Javier Callejas Sevilla (javiercallejas@gmail.com)
www.campobaeza.com