Technology School of Guelmin von Saad El Kabbaj Architecte

Ausgewählt für den Aga Khan Award 2016 ist die Technology School of Guelmin von Saad El Kabbaj Architecte ein interessanter Spiegel der marokkanischen Architektur und eine wichtige Seite in der sozialen Geschichte des Landes. Wie Driss Kettani, einer der Projektleiter des Büros Saad El Kabbaj betont, liegt der Wert des neuen Sitzes der Technology School in Guelmin nicht nur in der Tatsache, dass es sich um ein vernünftiges Projekt in Kontinuität mit der Tradition des Landes handelt, sondern auch darin, dass die Universitätsausbildung in eine Gegend gebracht wird, nämlich Südmarokko, die logistisch und kulturell noch sehr isoliert ist.
Der neue Sitz der technischen Hochschule wurde von der ’Université IBN Zohr d’Agadir in Auftrag gegeben. Dieses Institut hat Ableger, von denen sich einige in der Stadt Agadir selbst befinden, andere aber dezentral gelegen sind, wie beispielsweise in Ouarzazate und Guelmin. Guelmin gehört zu den südlichsten Städten Marokkos, dort, wo die Sahara beginnt. Die Stadt hat eine konservative Bevölkerung, wo die Ärmsten die weibliche Schulbildung und die Emanzipation der Frau noch verweigern.

Auf einem Grundstück im Nordosten des Zentrums von Guelmin steht heute die von Saad El Kabbaj entworfene Architektur, die sich auf einem weitläufigen Gelände erstreckt, das entlang einer zentralen Nord-Süd-Achse angeordnet ist, auf die auch die Institute blicken: vom Eingang im Süden gelangt man zum Hauptweg zwischen den Gärten und den überdachten Fußgängerwegen. In den ersten Gebäuden befinden sich die Gemeinschaftseinrichtungen: ein Auditorium mit 250 Plätzen, die Bibliothek, die Krankenstelle, der Betsaal und auch die Büros der Dozenten. Danach kommen die Hörsäle, die in geometrischen und kompakten Blöcken untergebracht sind. Diese sind in Dreiergruppen angeordnet, die wie Zweige aus dem Hauptstamm wachsen. 
Das gesamte Projekt ist sehr stark geordnet und hat eine Planimetrie, die auf der Schnittstelle senkrechter Geraden basieren. Dies erleichtert die Orientierung der Studenten und erzeugt ein Gefühl der Geborgenheit.
Die Form jedes Bocks der Anlage wird von der qasba, inspiriert, also der traditionellen und befestigten Zitadelle der arabischen Städte. Die Strukturen aus Stahlbeton sind ockerfarben mit Oberflächen im Relief und verweisen auf die Lehmbauten, wie man sie in Marokko finden kann. Den mächtigen und kompakten Formen jedes Baus entsprechen Lösungen, die den Gesamteindruck mildern. Dazu gehöre die schachbrettartig angeordneten quadratischen Fenster mit ihren vorgezogenen Rahmen oder die Öffnungsschlitze in den verschiedenen Flächen, die als Sonnenschutz ausgeprägten Dächer der massiven Außentreppen und die schlanken Pfeiler, die schwere Vordächer stützen. Die Sonne und das heiße Klima bleiben draußen und die angewandten Lösungen tragen dazu bei, angenehme halbüberdachte Bereiche für das Verweilen und den Durchgang zu schaffen und dabei die natürliche Belüftung zu nutzen. Die so entstehenden Schatten zeichnen Muster auf die nackten Fassaden.

Wenn Guelmin das “Tor zur Wüste” ist, dann sind die Gebäude der Technology School of Guelmin mit ihren sandigen Farben, den flachen Dächern und den massiven Formen, deren Festungen.

Mara Corradi

Architect: Saad El Kabbaj Architecte
Project leader: Saad El Kabbaj, Driss Kettani, Mohamed Amine Siana 
Collaborators: Assine El Aouni/Rachid El Maataoui
Client: Université IBN Zohr D’Agadir
Location: Guelmin (Morocco)
Engineering: Bepol Sarl
Contractor: Zerkdi & Fils
Built area: 6883 sqm
Design-construction: 2008-2011
Structure in reinforced concrete
Photographs: © Fernando Guerra, FG+SG Architectural Photography