Tatiana Bilbao: Lehmhaus in Ajijic

Lange Jahrzehnte hat die Lehmbauarchitektur den neuen Konstruktionsmethoden Platz gemacht, wie beispielsweise dem Fertigbau, welche den Vorteil hatten, schneller, zuverlässiger und leitungsstärker zu sein. Die technische Standardisierung, welche die Industrialisierung im 20. Jahrhundert begleitete, hat zur Bevorzugung von Werten wie der Serienproduktion für eine massive Verbreitung geführt. Erst in den letzten Jahren ist eine Wiederentdeckung der handwerklichen Betriebsweisen zu erkennen, und zwar nicht nur bei der Fertigung von Gebrauchsgegenständen, sondern auch bei der Herstellung von Gebäuden.
Unter den Methoden manueller Herkunft, die heute von mechanischen Technologien unterstützt werden, befindet sich auch der Lehmbau, der von den jungen Architektengenerationen auf der Suche nach einer von der Natur inspirierten Ästhetik und nach Fertigungsverfahren, welche die Anforderungen nach geringeren Umweltauswirkungen erfüllen, viel diskutiert und experimentiert wird.

Eines der interessantesten Beispiele der Kombination zwischen der auf die Natur gerichtete zeitgenössischen Ästhetik und der nachhaltigen Bauweise ist die Wohnung für Viviane Charpenel in der Stadt Ajijic, in der Nähe des Chapala-Sees in Mexiko, entworfen von der Architektin Tatiana Bilbao. Die Verwendung von Lehm ist eine Entscheidung, die darauf zielt, einen lokalen Baustoff einzusetzen, der mit dem Zusatz von stabilisierenden Substanzen nicht nur ein solides Bauen (es wurden Untersuchungen mit positiven Ausgängen bezogen auf die Erdbebensicherheit alter, aus gestampfter Erde hergestellter Bauten ausgeführt) sondern auch beachtliche Dämmeigenschaften gewährleistet, die aus der natürlichen Transpiration der Mauern resultieren.

Das überraschende Wandmuster, das aus der Anbringung der Erde in Schalungen stammt, nimmt unterschiedliche Farben an und setzt sich in Abstufungen um, die an eine Höhle denken lassen. Dies ist nicht nur ein faszinierendes Beispiel der Sensibilität, welche die Architektur der Gegenwart leitet und sichtbar mit der Ästhetik der Landschaft und deren Einzigartigkeit als nicht reproduzierbares Element verbunden ist, sondern ist auch eine Lesart des Hauses als unfertigem, unbestimmtem Ort, wo Wohnen nicht bedeutet, sich von außen abzuschotten, um sich zu schützen und zu isolieren, vielmehr zulassen, dass das, was Draußen ist, die Gewohnheiten, das Leben, den Alltag durchdringt. Diese Erfahrung der Beziehung mit der Natur tritt in dem Projekt von Tatiana Bilbao nicht einfach durch den Wechsel zwischen verglasten Fassaden in den öffentlicheren Teilen des Hauses und den verschalten Teilen aus Lehm hervor, sondern vor allem von der gewollt nicht klaren Trennung zwischen Innen und Außen, zwischen geschützten und gemeinsamen Räumen, die aus dem Werk eine Verflechtung hybrider Räumlichkeiten machen, die sich im Laufe der Zeit sowohl ästhetisch als auch funktionell ändern können.

Mara Corradi

Entwurf: Tatiana Bilbao S.C
Mitarbeiter: David Vaner, Catia Bilbao,
Thorsten Englert, Damián Figueras, Adriana de Carvalho, Alex Cabrales, Marco Robles, Edgar Gonzalez
Künstler: Vigueta y Bovedilla (Marco Rountree und Rodolfo Diaz), Cynthia Gutierrez
Bauträger: Viviane Charpenel
Ort: Ajijic, Jalisco (Mexiko)
Tragwerksplanung: MONCAD, Ing. Jorge Cadena
Technische Leitung: Tatiana Bilbao, Damian Figueras
Bruttogrundstücksfläche: 1583,5 m2
Grundstücksgröße: 3870,5 m2
Gesamtfläche: 298 m2 (Wohnung),  44 m2 (Dienstgebäude)
Projektbeginn: 2009
Ende der Bauarbeiten: 2010
Bauunternehmen: Cabrera & Asociados Arquitectos
Tragwerk aus gepresster Erde
Keramikfußboden: Ceramica Suro
Möblierung nach Maß
Beleuchtung: nach Entwurf von Jorge Pardo

www.tatianabilbao.com

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