11-04-2018

Steven Holl + jmarchitects: Maggie's Centre Barts London

Steven Holl,

Iwan Baan,

London,

Krankenhauser,

Im Maggie's Centre Barts von London verwendet Steven Holl wieder die Glasbetonbausteine, mit denen er in den letzten Jahren viele seiner Bauten gestaltet hat. Das Maggie's Centre für die Unterstützung krebskranker Menschen und deren Familien fügt sich in den Kontext des mittelalterlichen London ein



Steven Holl + jmarchitects: Maggie's Centre Barts London
Nach 6 Jahren Bauarbeiten ist nun das dritte Maggie's Centre von London im Stadtteil Smithfield nach dem Entwurf von Steven Holl errichtet worden. Wenn man von Ähnlichkeiten spricht, dann könnte man die Maggie's Centres als Behältnisse für Energie und Optimismus für die Menschen definieren, für die sie gedacht sind, nämlich Krebskranke und deren Angehörigen. Diese Strukturen unterstützen die Krankenhäuser und bieten operative und psychologische Hilfe. Davon gibt es mittlerweile 20 in Großbritannien und einige wurden nun auch im Fernen Osten gebaut. 
Das Büro von Steven Holl wurde kontaktiert, um eine schöne Architektur zu schaffen, die den Patienten des bekannten Krankenhauses St Bartholomew’s, das gemeinhin als Barts bezeichnet wird, die besten Bedingungen für die Patienten der Onkologie anzubieten. Wie die anderen Maggie's Zentren so sollte auch das Zentrum von Barts im Umfang des Krankenhauses stehen, um die Kontinuität zwischen den medizinischen Behandlungen und der Unterstützung zu garantieren. Das Gebäude von Steven Holl findet seinen Platz in einem Bereich zwischen dem vom Mönch Rahere “zum Wohlergehen der Armen” gegründeten Struktur, die heute ihren Sitz in dem beeindruckenden Gebäude aus dem 18. Jahrhundert und wiedererrichtet von James Gibb hat und der ältesten Kirche von London, die aus dem Jahr 1123 stammt und St Bartholomew geweiht ist. 
Angesichts der Jahrhunderte alten Geschichte hat Steven Holl nach dem Geist des Ortes gesucht und hat diesen dann anhand der Mittel und Sprachen seiner Zeit interpretiert. Er erzählt, wie die besondere Akustik der Kirche ihn anregte, an die Musik als Lesart des neuen Maggie’s Centre zu denken: genau wie die Architektur füllt die Musik den Raum, in dem wir leben, man kann sie nicht ignorieren, da sie von alleine unsere Umgebung einnimmt oder unseren Wahrnehmungshorizont ausfüllt. Daraus entstammt die Idee, die Neume als Ausgangspunkt für die Gestaltung der Fassade des neuen Gebäudes aus mattweißem Glas zu verwenden. Im gregorianischen Gesang benutzt, ist die Neume ein Zeichen der Notation aus dem Mittelalter, also noch vor Einführung der Notenlinien. Der Ursprung aus dem Griechischen pneuma, lebendiger Hauch, spielt auch auf das Konzept an, das den Maggie's Centres und deren Mission der Hilfestellung bei der Krankheit und der Aufwertung der Lebenserfahrung zu Grunde liegt. 
Steven Holl hat eine transluzente Struktur entwickelt, ein Quader mit abgerundeten Ecken, das über große Leichtigkeit und Dynamik verfügt – dank der horizontalen Taktung der Metallstangen, auf denen die Glasbausteine montiert sind. Auf der Höhe der Innentreppe, die bis zu Dachterrasse führt, geht die durchgehende Fassade ebenfalls mit und zeigt diese Bewegung auch Außen und erzeugt einen Strudel von Energielinien.
In die Glaskammer wurden – mit einem Verlauf, der an eine Melodie auf einem Notenblatt erinnert – Fragmente bunten Glases eingefügt. Aufgrund der Besonderheit des Materials und der Schichten hätte dieses Außen einen verschwommenen, ausgewaschenen Effekt erzeugen sollen. Die Umsetzung erlangt allerdings nicht die Intensität, die Steven Holl in seinen Aquarellzeichnungen vermittelt. 
Auch wenn sich das Maggie's Centre an dem Gebäude des Krankenhauses anlehnt und auch einen neuen Eingang für dieses bildet, gelingt es dem Neubau trotzdem, sich von dem Bestand zu distanzieren und eine eigene Identität anzunehmen und so vollständig zu wirken. Nach dem Abriss eines Bestandsbaus aus den 1970er Jahren auf diesem Grundstück und der auch am Krankenhaus angebaut war, ist das Detail der Ecksteine entstanden. Mit einer demütigen Geste hat Steven Holl eben diese aufwerten wollen und so die Ecken des Neubaus abgerundet, der sich so “nach hinten zurückzieht” und das neu entdeckte Detail in den Vordergrund stellt. 
Dem monumentalen Ensemble aus dem 18. Jahrhundert stellt sich so eine Struktur entgegen, die aufgrund ihrer Plastik fast wie ein Objekt in architektonischem Maßstab erscheint. Auf eine Fassade mit Gesimsen und Steinrahmen folgt ein glatter kurviger Baukörper aus Glas. Auch wenn der Maßstab der gleiche bleibt, so ist der Registerwechsel beeindruckend.
So ist es auch bei der Analyse der Innenräume, die wie ein System aus chinesischen Schachteln zusammengesetzt sind. Die Glashaut wird eigentlich von einem Stahlbetontragwerk mit nach Innen geneigten Balken gestützt. Darin befindet sich der Kern, der aus einem Baukörper in Bambusholz besteht. In dem Holz ist auch die Treppe mit ihren beiden Rampen gestaltet, die von der Halle bis zur Dachterrasse führt und um die herum sich die Dienstleistungsräume des Zentrums öffnen, die Büros, die Bibliothek, Räume für Entspannung und Gruppenaktivitäten. Die Modernität des äußeren Aspekt leitet über in ein wattiertes Ambiente, das Heiterkeit bietet – eine geordnete und schützende Welt, die mit einem Garten endet, der auf die Stadt blickt.
In den Abendstunden überwiegt die Helligkeit im Inneren die von Außen und das architektonische Objekt verwandelt sich in eine urbane Laterne, in eine leichte architektonische Präsenz, die die Idee eines neuen Ansatzes an die Behandlung der Krankheit vermittelt.

Mara Corradi

Architects: Steven Holl Architects, jmarchitects (associate architects)
Steven Holl (design architect, principal) 
Chris McVoy (senior partner in charge) 
Dominik Sigg (project architect, associate) 
Bell Ying Yi Cai, Gemma Gene, Martin Kropac, Christina Yessios (project team)  
Client: Client: Maggie Keswick Jencks Cancer Caring Centres Trust 
Landscape architect: Darren Hawkes Landscapes 
Engineer: Arup (civil, climate, and mechanical) 
Historic building advisor: Donald Insall Associates 
Lighting consultant L'Observatoire International
Cdm coordinator: Floor Projects LLP 
Code consultant: Butler & Young 
Planning advisor: DP9 
Cost estimator: Gardiner & Theobald 
Construction manager: Sir Robert McAlpine
Archeology: MOLA
Glass consultant: Arup
Location: London, United Kingdom
Start of work: 2011
Completion of work: 2017
Project type: direct commission
Structural system: concrete frame
Facades in: Okalux glass
Indoor surfaces: bamboo
Floors: bamboo
Site area: 725 sqm
landscape area: 525 sqm
Building area: 607 sqm
Photos by: © Iwan Baan

www.stevenholl.com

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