13-04-2016

Alberto Campo Baeza und das Raumplan Haus in Madrid

Alberto Campo Baeza,

Madrid,

Ville, Housing,

Zement,

Das Raumplan House von Alberto Campo Baeza ist eine Überführung der Theorien Adolf Loos' in die Praxis. Campo Baezas Projekt ist eine Reflexion über die zeitgemäßen Einsatzmöglichkeiten des Raumplans im Sinne der Raumentwicklung. Es handelt sich um ein nach außen hin “stummes” Haus, dessen Hauptperspektive sich aus dem Inneren speist.



Alberto Campo Baeza und das Raumplan Haus in Madrid

Alberto Campo Baeza arbeitete am Entwurf für ein Privathaus in Aravaca, einem nordwestlich vom Madrider Zentrum gelegenen Stadtviertel, welches auf dem Raumplan von Adolf Loos beruhen sollte. 
Ausgangspunkt für den Rückgriff auf die Raumplan-Theorien von Loos bildeten für Campo Baeza nicht zuletzt die strengen örtlichen Bauvorschriften, nach denen sein Neubau nur eine Quadratfläche von 12 Meter pro Seite und insgesamt eine Fläche von ca. 500m² belegen durfte. Diese Beschränkungen führten zu Überlegungen, ein sich in die Höhe entwickelndes Einfamilienhaus zu bauen, das besonders in diesem Stadtteil von Interesse ist, von dem aus man einen schönen Blick auf die Stadt und ihre vier Wolkenkratzer, Crystal, Caja, Espacio und Pwc genießt.
Wie bei Loos, dem Erfinder dieser Raumlösung, weist auch der Raumplan von Campo Baeza der äußeren Form der Architektur eine sekundäre Rolle zu, da sie eine bloße direkte Folge der Innenraumplanung ist. Ausgehend vom Erdgeschoss wird der Grundriss des Hauses in vier Quadrate zu 6x6 Metern aufgeteilt (dazu kommt das Treppenhaus an der Nordseite), so dass die Stockwerkhöhe im Übergang von einer Quadratfläche zur nachfolgenden, ihrer Zweckbestimmung folgend, ansteigt. Die Räume sind so auf einer doppelten Höhe angelegt und folgen einer schraubenförmigen Bewegung. Indem sie durch diagonale Leitlinien verbunden sind, kann ihr Raumvolumen beträchtlich erweitert werden. Das letzte Stockwerk unterhalb des Daches scheint durch sein Rundfenster die vertikale Raumentfaltung buchstäblich auf die Spitze zu treiben: So wird das Dach aufgesprengt und lässt “physisches” Licht bei Sonne im Zenith eintreten, ein in der Poetik Alberto Campo Baezas häufig verwendetes Stilement.  

Kehren wir zum Modell von Loos im Raumplan zurück, lässt sich auch am Entwurf der Fassade in ihrem Rhythmus aus geschlossenen und offenen Flächen erkennen, dass der Architekt durch den Verzicht auf Normgeschosse mehr Freiheit bei der Organisation des Innenraums besitzt. Die Öffnungen in der Fassade sind ihrer Position und Form nach sehr unterschiedlich und erzeugen in der äußeren Anordnung den Eindruck der Zufälligkeit. Das Weiß der vier Fassaden schließlich bestätigt in seiner ausgleichenden Wirkung nur noch eine gewisse Genugtuung des Planers, den Betrachter zu verwirren. Da die direkte Konsequenz all dessen im Fehlen der Hauptfassade besteht, bringt Campo Baeza genau wie Loos durch den Einsatz des Weiß seine gänzliche Gleichgültigkeit zum Thema der Perspektive zum Ausdruck. Gegenüber dem Haus Steiner von Loos, das 1910 als kubischer, weißer Block das Aufsehen (und den Unmut) der Passanten erregt haben dürfte, sollten sich nun die Gemüter mit der Architektur gewordenen Moderne abgefunden haben – damit rechnet zumindest Campo Baeza.



Bei Nacht wird das Prisma von Campo Baeza zu einem Lichtgefäß, dessen Fenster Augen sind, die durch ihr Öffnen und Schließen nichts anderes als die menschliche Präsenz zum Ausdruck bringen. Andererseits kommt im Haus Raumplan auch seine Doppelseele zur Entfaltung, bietet es doch gleichzeitig ein herrliches Belvedere auf Madrid, um wieder einmal zu bestätigen, dass Perspektive des Architekten sich von innen entwickelt. 

Mara Corradi

Architect: Alberto Campo Baeza
Collaborators: Ignacio Aguirre López, Alejandro Cervilla García, Alfonso Guajardo-Fajardo, Manel Barata, Jesús Aparicio Alfaro, María Pérez de Camino, Tommaso Campiotti, Maria Moura
Structure: Andrés Rubio Morán
Quantity Surveyor: Francisco Melchor Gallego
Contractor: Serviteco
Location: Aravaca, Madrid (Spain)
Project: 2013
Built: 2015
Area: 500 sqm
Photography: © Javier Callejas Sevilla

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