17-10-2012

NL: Wohnanlage Kamaleon in Amsterdam

NL Architects + XVW architectuur,

Marcel van der Burg,

Amsterdam,

Housing, Residenzen,

Zement, Stein,

Im Unterschied zu der großen Saison des Sozialwohnungsbaus, der ab den 50er Jahren in Europa oft sehr negative Ergebnisse bezogen auf die Lebensqualität hatte, findet die Wohnanlage Kamaleon von NL Architects die richtige Ausgewogenheit zwischen einer hohen Zahl von Wohnungen und der Einfügung des Werks in den urbanen Kontext.



NL: Wohnanlage Kamaleon in Amsterdam
In Amsterdam - Zuidoost, einem Stadtteil im Süden der Hauptstadt, erstreckt sich die “urbane Mauer” die von NL Architects entworfen und 2012 fertig gestellt wurde. Mit dieser Bezeichnung beschreiben wir dieses imponierende Wohnungsbauwerk, das die bekannte holländische Architektengruppe geschaffen hat. Dabei wurde das Beispiel der europäischen Sozialwohnungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts überwunden, wo das Modul und dessen Wiederholung die kompositorische Ideologie diktierten. Das Kamaleon verwendet vielmehr das Thema der Variation in der Standardisierung und steht somit im Gegensatz zu vielen Regeln der Vergangenheit, die sich als negativ erwiesen haben.
Die erste Variation ist die typologische Variation: Die Anlage umfasst nicht nur Wohnungen, sondern auch gewerbliche Aktivitäten. Laut Entwurf ist das ganze Erdgeschoss dem Gewerbe vorbehalten. Diese gewerbliche Etage mit Schaufenstern und Eingängen auf die vor dem Gebäude entlang führenden Straßen, lädt alle zum Betreten ein: Anwohner und Passanten. Ziel ist es, der Bildung eines Ghettos vorzubeugen und den Ort als ein Behältnis von Dienstleistungen der Stadt zu öffnen. Die Parkplätze sind nicht in einer Tiefgarage untergebracht, sondern für eine bessere Belüftung im zweiten und dritten Stock der Anlage angeordnet. Die Betonfassaden sind mit Backsteinen verkleidet und werden von hohen verglasten Öffnungen getaktet: Dieses Motiv kennzeichnet alle Frontseiten des Blocks. Mit den letzten vier Etagen, die von den Balkonen der Wohneinheiten markiert werden, wird das Kamaleon zu einer städtischen Mauer und bildet eine regelrechte Barriere gegen den Lärm und das visuelle Chaos der städtischen Verkehrsader Karspeldreef.

Im Unterschied zu vielen Wohnanlagen mit hoher Bevölkerungsdichte in unseren Vorstadtgebieten gelingt dem Kamaleon die Variation der Fassade eben dank der Gestaltung der Balkone: Ein gezacktes Muster, das in jedem Stockwerk bezogen auf die darunter und darüber liegende Ebene versetzt ist und dem Ganzen Dynamik verleiht. Das Muster der Vorbauten ragt dank der Struktur aus weißem Zement, der verglasten Geländer und der Wandverkleidung aus Backstein aus der Fassade hervor: Eine Ästhetik, die mehr von den Luxushotelanlagen inspiriert wird als von der Geschichte des sozialen Wohnungsbaus.
Hinter der Mauer versteckt sich ein großer privater hängender Garten mit Steinpfaden entlang eines internen künstlichen “Flusses”, der über der zweiten Parkebene angeordnet ist. Bei Betreten erkennt man, dass das Kamaleon keine Mauer, sondern ein von vier Mauern geschlossener Hof ist, wobei die Mauern als Wohnungen dienen und auf einen Garten voller Ruhe und Zurückgezogenheit blicken. Der Schutz dieser Werte macht aus der Architektur aber keine uneinnehmbare Festung, die sich vom Umfeld isoliert, sondern regt vielmehr dazu an, ein Projekt der gemeinsamen Werte zu realisieren, nach einem in den Niederlanden sehr häufig zu findenden Ansatz. Die Präsenz einer großen Grünfläche hinter der Nordfassade hat dazu angeregt, eine Reihe von „Unterbrechungen“ in diesem Wohnungsblock zu schaffen, damit das öffentliche Grün als eine optische Erweiterung des hängenden Gartens wahrgenommen werden kann.


Auf die gleiche Weise ist auch in den mächtigen Turm des Südblocks, der sich als Kopf des Stadtviertels erhebt, eine große und sich über vier Stockwerke erstreckende Öffnung auf der Höhe des Gartens geschaffen worden: Diese Öffnung nimmt die Höhe der anderen 3 Blöcke der Anlage auf und schafft einen Dialog zwischen dem Hof und der Stadt, wie in den neuesten Bauwerken der Architekten von MVRDV. Wenn man zum Bahnhof Kraaienneststation der S-Bahn von Amsterdam gelangt, dann kann man einen Blick in den Privatgarten erhaschen, der auf der gleichen Höhe wie das Eisenbahngleis errichtet wurde.

Mara Corradi

Entwurf: Pieter Bannenberg, Walter van Dijk, Kamiel Klaasse (NL Architects)
Projektleitung: Iwan Hameleers, Gertjan Machiels
Mitarbeiter: Barbara Luns, Gen Yamamoto, Ana Lagoa Pereira Gomez, Jouke Sieswerda, David de Bruijn, Jung-Wha Cho, Florent Le Corre, Stephan Schülecke, Tomas Amtmann, Joao Viera Costa, Jorge Redondo, Juerg-Ueli Burger, Nora Aursand Iversen, Kim Guldmand Ewers
Bauträger: Principaal / De Key
Ort: Amsterdam-Zuid-Oost (Holland)
Tragwerksplanung: Strackee
Bruttonutzfläche: 55.500 m2
Grundstücksgröße: 9.250 m2
Planungsbeginn: 2008
Ende der Bauarbeiten: 2012
Außenfassaden aus Fertigbeton und Backstein
Betontragwerk
Zementfußböden
Bildnachweis: © Luuk Kramer, Marcel van der Burg

www.nlarchitects.nl


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